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Die geheime Strategie von Milton Erickson

Hast du dich jemals gefragt, was einen wirklich außergewöhnlichen Therapeuten ausmacht? Milton Erickson, ein Pionier der modernen Hypnosetherapie, hat mit seiner einzigartigen Herangehensweise die Welt der Hypnose revolutioniert. In diesem Beitrag erfährst du, wer Milton Erickson war, warum sein Ansatz so besonders ist und welche Lektionen du als Hypnotiseur daraus ziehen kannst.

Das Wichtigste in Kürze

  • Pionier der modernen Hypnosetherapie: Erickson prägte die Psychotherapie durch innovative Ansätze und beeinflusste bekannte Persönlichkeiten wie Paul Watzlawick sowie die Begründer des NLP.
  • Polio als Wendepunkt: Seine Lähmung durch Polio mit 17 Jahren führte zu bahnbrechenden Erkenntnissen über die Macht des Unterbewusstseins und die Rolle der Imagination bei der Heilung.
  • Ressourcenaktivierung: Erickson sah jeden Klienten als Experten für seine eigenen Lösungen. Er deutete Widerstand als Hinweis, die Herangehensweise anzupassen.
  • Individueller Therapieansatz: Statt starrer Methoden setzte er auf maßgeschneiderte Interventionen, die sich an den Besonderheiten und Bedürfnissen des Klienten orientierten.
  • Sprache des Unbewussten: Erickson arbeitete mit Metaphern und Geschichten, die das Unbewusste direkt ansprachen, ohne diese bewusst zu interpretieren oder zu erklären.

Wer war Milton Erickson?

Milton Erickson, geboren am 5. Dezember 1901, war ein amerikanischer Psychiater und Psychologe. Er gilt als einer der Begründer der modernen Hypnosetherapie und beeinflusste zahlreiche bekannte Psychotherapeuten wie Paul Watzlawick und die Begründer des NLP, John Grinder und Richard Bandler. Trotz schwerer gesundheitlicher Herausforderungen – darunter eine Lähmung durch Polio – entwickelte Erickson bahnbrechende Hypnostechniken, die die Psychotherapie nachhaltig veränderten.

Neben seiner praktischen Arbeit gründete er die American Society for Clinical and Experimental Hypnosis und war Herausgeber des American Journal of Clinical Hypnosis. Sein Lebenswerk zeigt: Hindernisse sind oft der beste Nährboden für außergewöhnliche Innovationen.

Ericksons größte Herausforderung: Polio als Wendepunkt

Milton Ericksons Leben änderte sich schlagartig, als er mit 17 Jahren an Polio erkrankte. Die Krankheit brachte ihn an den Rand des Todes und ließ ihn zunächst vollständig gelähmt zurück. Was für viele ein Schicksalsschlag gewesen wäre, wurde für Erickson jedoch zum Ausgangspunkt seiner späteren Errungenschaften.

Erickson war nicht bereit, sich mit seinem Zustand abzufinden. Eingeschränkt auf einen Schaukelstuhl, begann er, sich auf die subtilsten Empfindungen seines Körpers zu konzentrieren. Er stellte sich vor, wie sich seine Muskeln bewegten – selbst wenn es dafür keinerlei äußere Anzeichen gab. Diese bewussten Imaginationen führten schließlich dazu, dass er nach und nach kleine Bewegungen wieder erlangte.

Doch was genau machte diesen Prozess so besonders? Erickson erkannte dabei eine zentrale Wahrheit über den menschlichen Geist: Unser Unterbewusstsein ist eine mächtige Ressource, die wir gezielt nutzen können, um selbst scheinbar unüberwindbare Hindernisse zu überwinden.

Seine Beobachtungen führten später zur Entwicklung innovativer Methoden, die er bei Schlaganfallpatienten und Menschen mit anderen neurologischen Einschränkungen anwendete.

Ericksons Therapieansatz und sein Einfluss auf die moderne Psychotherapie

Milton Erickson hat mit seinem kreativen, individuellen und lösungsorientierten Ansatz die Psychotherapie verändert. Seine Ansätze betonten stets die Einzigartigkeit jedes Patienten und das Vertrauen in die Fähigkeit des Einzelnen, eigene Lösungen zu finden. Einige der zentralen Prinzipien seiner Arbeit sind:

Metaphern: Die Sprache des Unterbewusstseins

Einer der revolutionärsten Aspekte von Ericksons Arbeit war sein Umgang mit Metaphern. Wenn ein Klient metaphorisch sprach, antwortete Erickson ebenfalls in Metaphern – ohne sie jemals zu erklären oder zu interpretieren.

Ein Beispiel: Wenn ein Klient während einer Sitzung eine unbewusste Geste machte, wie das Bedecken des Mundes, verzichtete Erickson darauf, diese Geste zu deuten. Er wusste, dass jede „Übersetzung“ die Botschaft verzerren könnte. Stattdessen akzeptierte er diese Form der Kommunikation und arbeitete direkt mit dem, was ihm präsentiert wurde.

Ressourcenaktivierung: Der Klient als Experte

Erickson glaubte fest daran, dass jeder Mensch bereits die Lösungen für seine Probleme in sich trägt. Seine Aufgabe als Therapeut war es schlichtweg, diese Ressourcen zu aktivieren. Widerstand sah er nicht als Problem, sondern als Zeichen dafür, dass die gewählte Herangehensweise nicht passte.

Ein Beispiel dafür ist die berühmte Geschichte von Erickson und einem verlorenen Pferd, das auf seine Farm zulief. Erickson führte das Tier, indem er ihm die Freiheit ließ, seinen Weg selbst zu finden – bis zur Rückkehr des Tieres zu seinem Besitzer. Die Botschaft? Auch Klienten kennen ihren Weg, sie brauchen oft nur eine sanfte Führung.

Individueller Ansatz statt starrer Methoden

Erickson war überzeugt, dass jede Therapie einzigartig sein muss – so wie jeder Patient einzigartig ist. Er passte seine Interventionen an die spezifischen Bedürfnisse, das Weltbild und die Eigenarten jedes Klienten an. Dadurch wurden seine Techniken besonders effektiv.

Ein Schlüsselbegriff hierfür ist das „Ankoppeln an die Besonderheiten des Patienten“. Diese Herangehensweise beinhaltete:

  • Das Weltbild und die Sprache des Patienten zu übernehmen, um eine gemeinsame Realität zu schaffen.
  • Persönliche Stärken und Eigenheiten des Patienten zu nutzen, um Veränderungen zu bewirken.

Beispiel: Das Schwein und der Bauer
In einem Beispiel aus Ericksons Jugend zeigte sich seine Fähigkeit, sich an das Weltbild anderer anzupassen: Als er als Student Bücher an Landwirte verkaufen wollte, beobachtete er, dass ein Schwein neben einem Bauern stand. Um Vertrauen aufzubauen, begann Erickson, das Schwein am Rücken zu kratzen. Der Bauer, beeindruckt von seiner scheinbaren „Expertise“, war offener für den Kauf von Büchern.

Abschließende Gedanken

Milton Erickson war ein Pionier, der die Hypnosetherapie prägte und die Grundlagen erfolgreicher Kommunikation und individueller Therapieansätze legte. Seine Haltung, auf die Besonderheiten des Patienten einzugehen und diese als Ressource zu nutzen, ist bis heute ein wegweisendes Prinzip in der Psychotherapie.

Geschrieben von Stin-Niels Musche am 12. März 2020
Stin-Niels Musche ist Hypnosetherapeut und Hypnoseausbilder. Seit 2009 in eigener Praxis tätig, begleitet er Patienten aus allen möglichen Ecken der Welt. Die Hypnosetherapie ist auf Deutsch und Englisch möglich. Die schelmische, ungezwungene und lockere Art von Stin-Niels hilft den Patienten sich schnell zu öffnen, so dass die Hypnosetherapie äußerst effizient genutzt werden kann und keine Zeit mit weniger wichtigen Dingen verschwendet wird, das Ziel bzw. den Veränderungswunsch des Patienten immer klar im Fokus.
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